Hohe Zeit, möchte man meinen, war es für eine aktuelle Würdigung Hans von Kulmbachs, liegen doch die übergreifenden monografischen Arbeiten von Franz Stadler (1936) und Friedrich Winkler (1959) sowie der ausführliche Eintrag von Peter Strieder im Nürnberger Ausstellungskatalog „Meister um Albrecht Dürer“ (1961) bereits weit über ein halbes Jahrhundert zurück. Selbst die verdienstvolle Dissertation von Barbara Butts über den „Dürerschüler“ Hans Süss von Kulmbach (Cambridge, MA, 1985) ist nicht mehr ganz taufrisch und infolge ihrer mangelhaften Publikation als Hochschulschrift mit einem Abbildungsapparat von durchwegs schlechten Schwarzweißkopien in der Forschung hierzulande offenbar auch nur sehr peripher zur Kenntnis genommen worden. Wohl wurden in der Zwischenzeit die verschiedenen Facetten im Schaffen des Hans von Kulmbach in Einzelbeiträgen, einzelne seiner Werke in Sammlungs- oder Ausstellungskatalogen behandelt und bestimmte Phasen seiner Laufbahn näher in den Blick genommen, doch eine aktuelle Gesamtdarstellung war bislang ein Desiderat (die jüngste Dissertation von Masza Sitek über den Künstler befindet sich im Druck).
Der hier anzuzeigende Band löst dies freilich auch nicht ein, versteht sich aber, so der Covertext, „als grundlegende Einführung“, die sich in „perspektivreichen Aufsätzen den zentralen Lebensstationen und Schaffensbereichen Hans von Kulmbachs [widmet]“. Neben acht weiteren Autorinnen und Autoren hat Hartmut Scholz den Anlass genutzt, ein abschließendes Resümee seiner langjährigen Beschäftigung mit Hans von Kulmbach als dem führenden Entwerfer für Glasmalerei in Nürnberg vorzulegen, das mit ganzen 50 Farbabbildungen vergleichsweise opulent ausgefallen ist.
Nicht weniger als ein gutes Drittel des mit rund 120 heute allgemein anerkannten Blättern recht stattlichen zeichnerischen Œuvres Hans von Kulmbachs diente als Vorlage für die Umsetzung durch den Glasmaler und bezeugt sowohl die Ausnahmestellung des Künstlers in dieser Sparte als auch die hohe Wertschätzung seitens erlauchter Auftraggeber, darunter Nürnbergs Stadtelite, die Äbte von St. Egidien, Kaiser Maximilian I. und die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Monumentale Stifterfenster und eine große Anzahl kleinformatiger Kabinettscheiben sakraler wie profaner Thematik, die nach seinen Entwürfen in der Werkstatt des Stadtglasers Veit Hirsvogel d. Ä. ausgeführt wurden, zählen definitiv zum Besten, was die Nürnberger Glasmalerei der Dürerzeit zu bieten hat.
Hartmut Scholz, Hans von Kulmbach und die Nürnberger Glasmalerei, in: Manuel Teget-Welz / Hans Dickel (Hrsg.), Renaissance in Franken. Hans von Kulmbach und die Kunst um Dürer, Petersberg 2022, S. 126–153, ISBN 978-3-7319-1228-6, 34,95 EUR
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