Kein internationales kunsthistorisches Forschungsprojekt existiert länger als das Corpus Vitrearum. Dies spricht einerseits für die wissenschaftliche Leistung, die seit 1952 in den 70 Jahren seines Bestehens erbracht worden ist, dies birgt andererseits Probleme und Gefahren, die ebendiese lange Dauer mit sich bringt, und lässt nach Perspektiven fragen, die das Projekt hat. Anlässlich der mit nunmehr elf Bänden zum Abschluss gekommenen flächendeckenden Erschließung der in Frankreich erhaltenen Glasmalereien vor 1800 in der Kurzinventarserie „Recensement des vitraux anciens de la France“ gibt die Sondernummer „Vitrail“ der „Revue de l'Art“ eine Standortbestimmung des französischen Corpus Vitrearum, die auch strukturelle Fragen nach der Akzeptanz entsprechender Langfristvorhaben und deren finanziellen und personellen Ressourcen in den Blick nimmt. Gefragt war dabei auch der vergleichende Blick über die Grenze.
Hartmut Scholz konzentriert sich in seinem Versuch einer Bilanz daher auf das deutsche Corpus Vitrearum als Langfristprojekt der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur bzw. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit seinen Arbeitsstellen in Freiburg im Breisgau und Potsdam. Die vergleichsweise privilegierte personelle Ausstattung im deutschen Akademienprogramm sowie Produktivität und Rezeption des Unternehmens in der deutschen Forschungslandschaft werden ebenso bilanziert, wie die dringliche Frage gestellt wird, wie es um die Zukunft des Corpus Vitrearum über das geplante Laufzeitende des Projekts 2030 hinaus bestellt sein könnte.
Hartmut Scholz, Le Corpus vitrearum et la recherche sur le vitrail en Allemagne. Essai de bilan, in: Revue de l'Art Nr. 214, 2021-4 (Vitrail), S. 17−20, ISSN 0035-1326, 27,00 EUR
Bestellungen unter: www.ophrys.fr/fr/catalogue-revue/51/revue-de-l-art-la.html