Aktuelles aus dem Projekt

Neu bei „Scheibenweise“: 9. März 1819: Sulpiz Boisserée zu Besuch bei Heinrich Schiefer

Die Lektüre der Tagebücher des 1783 in Köln geborenen, 1854 in Bonn gestorbenen Kunstsammlers Sulpiz Boisserée mag ob der oft formelhaften Kürze der Eintrage kein reines Vergnügen sein, die Fülle an Mitteilungen, die Boisserées Notizen bereithalten, ist für Kunsthistoriker*innen aber noch immer eine Fundgrube – auch für die Glasmalereiforschung.

Am 9. März 1819 hält Boisserée fest, dass er am Nachmittag Heinrich Schief(f)er, einen Kölner Glasmalereisammler, besucht und dort „Glasmalereien aus St. Johann [Bapitist]“, eine „schöne Kreuztragung“ und „Maria auf dem Mond“ gesehen hat. Hartmut Scholz hat diese bisher unbeachtete Notiz mit dem Versteigerungskatalog der Sammlung Schieffer/Hirn von 1824 abgeglichen, und tatsächlich sind dank der präzisen Katalogbeschreibung von Matthias Joseph de Noël beide Werke eindeutig zu identifizieren: die Kreuztragung mit einem großen, sechsteiligen Glasgemälde, das sich seit 1889 im Berliner Kunstgewerbemuseum befunden hatte und dort 1945 zerstört wurde, die Maria auf dem Mond mit einer Scheibe, die noch auf Burg Rheinstein in Trechtingshausen erhalten ist. Für zwei dislozierte Werke der Kölner Glasmalerei des 16. Jahrhunderts ist damit deren ursprünglicher, im Versteigerungskatalog nicht genannter Standort wiedergewonnen: St. Johann Baptist in Köln.

Hartmut Scholz, 9. März 1819: Sulpiz Boisserée zu Besuch bei Heinrich Schiefer. Zur Identifizierung abgewanderter Glasmalereien aus St. Johann Baptist in Köln, in: corpusvitrearum.de, 01.06.2022

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