Aktuelles aus dem Projekt

Stiltransfer auf Handelswegen

Wer sich für sakrale Kunst des Mittelalters interessiert, dem muss Gotland wie eine Insel der Glückseligen erscheinen. Auf vergleichsweise engem Raum gibt es eine hohe Dichte an Bau- und Kunstdenkmälern − auch an Farbverglasungen, die Anlass zu vielfältigen Spekulationen über ihre künstlerische Verortung gegeben haben. Forschungsstand und Forschungsperspektiven werden von Elena Kosina in einem jüngst erschienenen Aufsatz diskutiert.

Sind die stilistischen Überschneidungen innerhalb der Glasmalereibestände im norddeutschen Raum und auf Gotland auf einen breit angelegten niedersächsisch-westfälischen Kunstexport zurückzuführen, wie es oft vermutet worden ist, oder kann, so die Gegenthese in der Forschungsliteratur, die beachtliche Menge und künstlerische Heterogenität der gotländischen Verglasungen auch mit der Existenz von lokalen Glasmalereiwerkstätten erklärt werden? An diese Fragen geht die Autorin unter Berücksichtigung bestandskritischer, ökonomischer und herstellungstechnischer Aspekte neu heran.

Der immense Holzverbrauch, der für die mittelalterliche Flachglasproduktion nachgewiesen ist, lässt zumindest für das auf der Insel kaum produzierbare Rohmaterial Glas auf Import schließen. Weitere Möglichkeiten des Imports aus nahe gelegenen Kunstzentren im Ostseeraum oder der lokalen Herstellung versucht die Autorin je nach Standort, Größe, Umfang, Einbausituation und Qualität der einzelnen Glasmalereibestände punktuell abzuwägen.

Elena Kosina, Stiltransfer auf Handelswegen − Zum Phänomen der Stilverwandtschaft in der mitteldeutschen und gotländischen Glasmalerei des 13. Jahrhunderts, in: Jan von Bonsdorff / Kerstin Petermann / Anja Rasche (Hrsg.), Gotland. Kulturelles Zentrum im Hanseraum / Cultural Centre in the Hanseatic Area (Coniunctiones − Beiträge des Netzwerks Kunst und Kultur der Hansestädte 2), Petersberg 2022, S. 151−162, ISBN 978-3-7319-0994-1, 39,95 EUR

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