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Chor, Fenster s II (Nikolausfenster), Gesamtansicht
Gesamtansicht
Erhaltungsschema
Beschreibung
Die Felder 1/2c, 5a/b und 6a–c sind Neuschöpfungen von Welter/Baudri.
Die mittlere Bahn des südlichen Chorfensters ist dem Hl. Nikolaus gewidmet. Die Episoden aus seiner populären Heiligenlegende sind auf sechs Vierpassmedaillons verteilt. Als Beschützer und Fürbitter aller See- und Kaufleute zählte er zwar nicht zu den offiziellen Patronen Bückens, doch wurde er an einer viel befahrenen Wasserstraße wie der Weser durchaus verehrt. Dargestellt sind die Ausstattung der drei verarmten Jungfrauen (1b), die Errettung des Knaben mit dem kostbaren Becher (2b) und zwei Szenen des sogenannten Stratelatenwunders, die Erlösung dreier Unschuldiger (3b) und die Errettung dreier Feldherren (4b); die Zeilen 5 und 6 mit der Errettung der Schiffbrüchigen (5b) und dem Tod des Heiligen und dessen Aufnahme in den Himmel (6b) sind, wie in den anderen Fenstern, historistische Vervollständigungen von Welter und Baudri.
In den Seitenstreifen des Fensters befinden sich Zeile für Zeile jeweils zwei Dreiviertelmedaillons mit insgesamt zehn Klugen und Törichten Jungfrauen, von denen jedoch nur sieben durch originalen Glasbestand belegt sind. Die Klugen links und die Törichten rechts sind jeweils in Dreiviertelfigur dargestellt und durch ihre erhobenen bzw. gestürzten Ölflaschen gekennzeichnet.
Das Gleichnis von den Klugen und Törichten Jungfrauen (Matthäus 25,1–13) – eines der bevorzugten Sinnbilder des Jüngsten Gerichts – war im 13. Jahrhundert eines der Hauptthemen kirchlicher Kunst, insbesondere in der Bauplastik des deutschsprachigen Raums. Unter vielen zeitgleichen Beispielen seien an dieser Stelle nur zwei besonders naheliegende hervorgehoben: der ehemalige Portalschmuck des Bremer Doms (um 1250/60) – von Bischof Gerhard II. in Auftrag gegeben und zeitgleich mit dem Bückener Glasfenster ausgeführt – und die Archivoltenfiguren des Jungfrauenportals am Dom zu Minden (um 1270/80), die unmittelbar nach der Amtszeit des Bischofs Wedekind von Hoya entstanden sein dürften1.
Die wesentlichen stilistischen Beziehungen dieser Gruppe sind bereits im Zusammenhang mit dem Maternianusfenster behandelt worden. Besonders hervorzuheben ist beim Nikolausfenster eine in der Gesichtszeichnung und Faltenmodellierung größere Nähe zum Legdener Wurzel-Jesse-Fenster aus der Zeit um 1230/402.
Minden oder Bremen, um 1250/60.
Einzelscheiben:
1b: Ausstattung der drei verarmten Jungfrauen
2b: Errettung des Knaben mit dem kostbaren Becher
3b: Errettung der drei unschuldig Verurteilten
- Zu beiden Werkkomplexen s. Regine Körkel-Hinkfoth, Die Parabel von den klugen und törichten Jungfrauen (Mt. 25,1–13) in der bildenden Kunst und im geistlichen Schauspiel (Europäische Hoschschulschriften XXVIII/190), Frankfurt/M. 1994, S. 244f., Abb. 15, und S. 246f., Abb. 16.»
- Vgl. Kosina 2017, S. 44f..»