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Chor, Fenster I (Waldstromer-Fenster), Gesamtansicht

Gesamtansicht

                                                                                    

Erhaltungsschema

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Beschreibung

Das Fenster ist eine Gedächtnisstiftung für die Spitalgründer, den kaiserlichen Forstmeister Konrad IV. Waldstromer († 1360) und seine Ehefrau Agnes Pfinzing († 1357), ausgeführt durch deren Söhne Konrad V. († vor 1388) und Johann († 1395). In der untersten Zeile flankieren die durch kleine Wappenschilde gekennzeichneten Stifterbilder der Spitalgründer ein großes Waldstromer-Wappen in der Mitte (1a–c).

Im Unterschied zum Rest der Chorverglasung ist das ausgefallene Bildprogramm nicht Bestandteil der fortlaufenden chronologischen Erzählung heilsgeschichtlicher Ereignisse des Alten und Neuen Testaments. Es ist vielmehr – in unmittelbarer Nachbarschaft des Zelebrationsaltars stehend – der theologischen Auslegung des christlichen Messopfers, dem Sakrament der Eucharistie, gewidmet und von oben nach unten zu lesen.

Als übergreifendes Thema steht in Zeile 6 die Darstellung des Gnadenstuhls: Flankiert von anbetenden Engeln präsentiert der thronende Gottvater seinen zum Heil der Menschheit am Kreuz geopferten Sohn, über dessen Haupt die Taube des Hl. Geistes erscheint. Das Bild der Trinität nimmt Bezug auf die Stiftung des Pilgerspitals am Tag Trinitatis (19. Juni) des Jahres 1356 zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit und des Leichnams Christi, was sich auch im Patrozinium des 1385 geweihten Hauptaltars der Kirche niedergeschlagen hat.

Die nachfolgenden Zeilen 5 und 4 thematisieren in verschiedenen Bildern Offenbarungen Gottes und Gottes Bund mit den Menschen. In der fünften Zeile finden sich neben der Übergabe der Zehn Gebote an Moses (5b) verschiedene alttestamentliche Opferhandlungen als Präfigurationen für Christi Opfertod am Kreuz und die Einsetzung der Eucharistie: das Opfer Noahs nach der Sintflut zum Zeichen des Neuen Bundes (5a), den Gott mit den Menschen geschlossen hat, und das Opfer Abrahams (5c), das in typologischen Bildzyklen zum bevorzugten Typus der Kreuzigung Christi zählt. Die vierte Zeile bringt mit Jakobs Traum von der Himmelsleiter (4a) und dem Motiv des auf Gottes Geheiß zu Bethel errichteten Opferaltars (Genesis/1. Mose 35,1–15) beziehungsweise der Mannalese der Juden (4b) weitere Präfigurationen des Abendmahls, während die Taufe Christi (4c) als einziges Geschehen des Neuen Testaments im Kreis der alttestamentlichen Vorbilder unter anderem wohl als weiteres Beispiel der Offenbarung Gottes gegenüber den Menschen dient.

Das zentrale Ereignis des Letzten Abendmahls, das hier nicht als narrativer Bestandteil des Passionsgeschehens zu verstehen ist, sondern vielmehr auf die Einsetzung der Feier des Gemeinschaft stiftenden Mahls der heiligen Eucharistie zielt, ist auf die ganze dritte Zeile ausgebreitet (3a–c), in der Mitte herausgehoben aus dem Kreis der Jünger die Gestalt Christi mit Kelch und Hostie beim Vollzug der Kommunion (3b).

Mit der Darstellung der Messfeier im entscheidenden Augenblick der Elevation der konsekrierten Hostie (2a), der Wandlung des Brotes in den Leib Christi (2b) und der Hostienspende an Kirchgänger und Kranke (2c) findet das Programm seine sinnstiftende Mitte.

Nürnberg, um 1385/90.

Einzelscheiben und Scheibengruppen:

6a: Anbetende Engel

6b: Gnadenstuhl

6c: Anbetende Engel

5a: Noahs Opfer

5b: Moses empfängt die Gesetzestafeln

5c: Abrahams Opfer

4a: Jakobs Traum von der Himmelsleiter

4b: Mannalese

4c: Taufe Christi

3a–c: Einsetzung der Eucharistie / Letztes Abendmahl

2a: Spende der heiligen Kommunion

2b: Feier der Hl. Messe (Hostienelevatio)

2c: Spende der letzten Kommunion

1a: Stifterbild Konrad Waldstromer

1b: Wappen Waldstromer

1c: Stifterbild Agnes Pfinzing