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Eriskirch, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt

Einführung zum Standort

Anfänglich im Besitz des Klosters Weingarten, wurden Dorf und Kirche Eriskirch vom Konstanzer Bischof Heinrich II. von Klingenberg im Jahr 1301 erworben1. Die zunehmende Bedeutung Eriskirchs als eines der ältesten Marienwallfahrtsorte am Bodensee führte um 1400 zu einem Neubau der Kirche St. Maria, die zuvor – vor 1353 – zur Pfarrkirche erhoben worden war. Dieser Neubau ist jüngeren dendrochronologischen Analysen zufolge in zwei Bauabschnitten entstanden, wobei das Langhaus in die 1380er-Jahre (bis um 1387) und der Chor in das erste Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts (bis um 1409) datiert werden können2.

Der architektonisch bescheidene Bau mit ursprünglich sechs zweibahnigen, sechszeiligen Fenstern (ohne Kopf- und Maßwerkscheiben) hat trotz mancher Verluste eine reiche spätgotische Ausstattung bewahrt. Noch vor den Glasmalereien des Chorpolygons ist hier an erster Stelle die vollständige Ausmalung der Chorwände zu nennen, die einen umfangreichen alttestamentlichen Zyklus von der Genesis bis zu Judith und Holofernes sowie eine der ältesten Darstellungen der Eucharistischen Mühle bieten. In zwei Fenstern des Chorpolygons sind Reste der Erstverglasung aus der Zeit bald nach 1409 mit Stifterbildern und Heiligen (Fenster n II = ehemals Fenster I) sowie Szenen der Kreuzlegende (Fenster s II) erhalten.

Die Fenster sind Zeugnisse einer regional fassbaren, mutmaßlich in Ravensburg beheimateten Glasmalerwerkstatt, die auch für die Chorverglasungen der Pfarrkirche in Saulgau (nach 1402, Reste auf Schloss Sigmaringen) und der Liebfrauenkirche in Ravensburg (um 1419) verantwortlich war. Ein genaues Datum für die Eriskircher Chorverglasung ist nicht überliefert, lässt sich jedoch anhand der Stifterbilder und der dendrochronologisch gesicherten Baudaten annähernd erschließen. Maßgebend ist zunächst das Jahr 1404 der Heirat Wilhelms V. von Montfort-Tettnang mit Kunigunde von Werdenberg-Heiligenberg zu Bludenz3, die als einzige Angeheiratete in den Kreis der dargestellten Familienmitglieder aufgenommen wurde. Konkreter Terminus post quem für die Entstehung der Verglasung ist aber das Jahr 1409, in dem das Dach über dem Chor aufgeschlagen wurde. Schließlich muss das Stifterfenster vor 1426/27 entstanden sein, da Klara von Montfort noch als Chorfrau (religiosa) und nicht als Äbtissin des Damenstifts Buchau bezeichnet und dargestellt ist.

 

Literatur:

Paul Frankl, Der Meister des Astalerfensters von 1392 in der Münchner Frauenkirche, Berlin 1936, S. 22–25

Gebhard Spahr, Spätmittelalterliche Glasmalerei. Liebfrauenkirchen Ravensburg und Eriskirch, Konstanz 1976, S. 214–256

Rüdiger Becksmann, Die mittelalterlichen Glasmalereien in Schwaben 1350 bis 1530 ohne Ulm (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland I,2), Berlin 1986, S. 42–57

Die Pfarrkirche Eriskirch. Spätgotik am Bodensee, hrsg. von Elmar L. Kuhn, Raimund Rau und Bernhard Vesenmayer, Friedrichshafen 1986

Jürgen Michler / Bernhard Vesenmayer, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt Eriskirch, Regensburg 2012

Bernhard Staudacher, Die Pfarrkirche in Eriskirch am Bodensee. Die Innenausstattung als Zeitzeugnis des Konstanzer Konzils, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 135, 2017, S. 45–72

Zugehörige Fenster

Zugehörige Fenster

Grundriss

              

Lage des Standorts

  1. Staudacher 2017, S. 45f.»
  2. Michler/Vesenmayer 2012, S. 2, 41.»
  3. Vgl. Staudacher 2017, S. 50; Becksmann 1986, S. 47, 49f., war noch von einer Heirat im Jahr 1412 ausgegangen.»
  4. Michler/Vesenmayer 2012, S. 2, 3, 6, 42.»
  5. Michler/Vesenmayer 2012, S. 35, 42.»
  6. J. Chr. Albert Moll, Eröffnungsrede, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung 5, 1874, S. 51–57, hier S. 57.»
  7. J. Chr. Albert Moll, Eröffnungsrede, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung 5, 1874, S. 51–57, hier S. 55.»
  8. Abbé V. Mesnage, Les vitraux de l’église Saint-Saturnin de Tours. Notice historique et explicative, Tours 1890, S. 45; Johannes Schinnerer, Katalog der Glasgemälde des Bayerischen National-Museums (Kataloge des Bayerischen National-Museums in München 9), München 1908, S. 25, Nr. 97; Paul Frankl, Die Glasmalerei des fünfzehnten Jahrhunderts in Bayern und Schwaben (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 152), Straßburg 1912, S. 14f.; Frankl 1936, S. 22–25.»
  9. Becksmann 1986, S. 43f.»
  10. Frankl 1936, S. 24; Inventaire Général des Monuments et Richesses Artistiques de la France. Les vitraux du Centre et des pays de la Loire (Corpus Vitrearum France. Recensement des vitraux anciens de la France II), Paris 1981, S. 133f.»
  11. Als „Fragment aus dem 15. Jahrh.: Katharina und Barbara“ erstmals erwähnt in: Führer durch das Königlich bayerische Nationalmuseum in München, München 1881, S. ##. Das genaue Erwerbungsdatum ist unbekannt; freundliche Auskunft von Dr. Matthias Weniger, Bayerisches Nationalmuseum, München (17.08.2023).»
  12. Catalog der Sammlungen des verstorb. Hrn. Alt-Grossrath Fr. Bürki [...], [Basel 1881], S. 26, Nr. 309f.»
  13. Paul Frankl, Die Herkunft der Helenascheiben im Genfer Museum, in: Genava 14, 1936, S. 107–112.»
  14. Becksmann 1986, S. 44 mit Anm. 5.»