← zurück zum Standort Eriskirch, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Chor, Fenster n II (ehemals I) (Stifterinnen, Stifter und Heilige), Maria im Strahlenkranz mit Graf Heinrich IV. von Montfort-Tettnang / Gehäusearchitektur mit Halbfiguren der Hll. Maria Magdalena und Verena (n II [ehemals I], 3/4a/b)
Detailansicht
Erhaltungsschema

Beschreibung
Die Inschrift oben im Feld 3b über dem knienden Ritter gibt Auskunft zu dessen Identität: comes hainric(us) de montfort. Die Fürbitte auf dessen Spruchband nach Psalm 50(51),3 ist zu großen Teilen erneuert und wendet sich direkt an Christus, der dem Bittsteller seinen Segen spendet: Miserere ‹mei deus secundu(m) mag›[nam misericordiam] (Gott, sei mir gnädig nach deinem großen Erbarmen). Das Vollwappen zu Füßen des Stifters zeigt im Schild in Silber eine rote Kirchenfahne.
Wappen und Inschrift beziehen sich auf Graf Heinrich IV. von Montfort-Tettnang, der 1408, kurz vor Entstehung des Fensters, gestorben war1. Das Fenster ist eine Memorialstiftung, ausgeführt von den in der ersten Zeile dargestellten Nachkommen Graf Heinrichs, doch möglicherweise ging die Stiftung noch auf den Verstorbenen selbst zurück. Der kniende Stifter wendet sich der Gottesmutter zu, die in Anlehnung an die Vision des Evangelisten Johannes in der Offenbarung als Apokalytisches Weib erscheint – mit der Sonne bekleidet, den Mond zu Füßen und mit zwölf Sternen bekränzt (Offb 12,1) –, gemäß der mittelalterlichen Exegese, die das Apokalyptische Weib zunächst als Sinnbild der Kirche und ab dem 12. Jahrhundert, unter anderem bei Bernhard von Clairvaux, zunehmend mit Maria gleichsetzte2. Auffällig ist die Form des Strahlenkranzes, der die Figur nicht als Mandorla hinterfängt, sondern, ähnlich wie in einer der frühesten Darstellungen der Strahlenkranzmadonna überhaupt, dem Apokalyptischen Weib auf Burg Karlstein bei Prag, wie ein Reif umgreift.
Die Bildarchitektur zeigt zeittypische, noch der italienischen Trecentomalerei entlehnte Gehäusearchitekturen, in denen mit den Mitteln einer naiven Erfahrungsperspektive Räumlichkeit geschaffen wird. So widersprechen die schräg fluchtenden Gehäuse der beiden Hauptfiguren mit ihren in Untersicht wiedergegebenen vorspringenden Altanen den in Aufsicht dargestellten Überdachungen des Obergeschosses. Hinter den Brüstungen der Altane erscheinen in Halbfigur zwei Heilige, links mit modischem Kruseler Maria Magdalena (mit Salbgefäß) und rechts die im Bistum Konstanz hoch verehrte Verena von Zurzach (mit Doppelkamm als Hinweis auf ihren barmherzigen Dienst an den Aussätzigen, denen sie der Legende zufolge den Kopf wusch und salbte)3. Auf den Dachflächen sind kleine Figurinen von Löwen zu erkennen, ein Motiv, das bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert am Mendel-Fenster in St. Sebald in Nürnberg wie auch am Eucharistiefenster der Rothenburger St. Jakobskirche vorgebildet ist und von der in Eriskirch tätigen Werkstatt ein weiteres Mal im Kindheit-Christi-Fenster der Liebfrauenkirche in Ravensburg umgesetzt wurde.
- Karl H. Burmeister, Art. „Montfort“, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 18, Berlin 1997, S. 51–54, hier S. 53.»
- Jutta Fonrobert, Art. „Apokalyptisches Weib“, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 1, Rom u. a. 1968, Sp. 145–150.»
- Adolf Reinle, Art. „Verena von Zurzach“, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Rom u. a. 1976, Sp. 542f.»