← zurück zum Standort Rothenburg ob der Tauber, Stadtkirche St. Jakob
Chor, Fenster I (Kindheit und Passion Christi), Gesamtansicht
Gesamtansicht
Erhaltungsschema

Beschreibung
Das vierbahnige, 14-zeilige Chorachsenfenster – mit 56 Rechteckscheiben und 14, hier nicht berücksichtigten Maßwerkfeldern der umfangreichste Einzelbestand – widmet sich in Anlehnung an die Bildtraditionen der Biblia pauperum (Armenbibel) der Erfüllung alttestamentarischer Vorbilder und Weissagungen durch die Menschwerdung und die Passion Christi. Es zeigt also, an dieser herausragenden Stelle im Bau, erwartungsgemäß das zentrale Bildprogramm der Heilsgeschichte. Die beiden Mittelbahnen b und c enthalten von Zeile 3 an aufwärts in kleinen passförmigen Medaillons vor durchlaufendem Teppichgrund einen christologischen Zyklus von der Verkündigung an Maria bis zur Auferstehung Christi. In den seitlichen Bahnen a und d erscheinen anstelle der gebräuchlichen szenischen Präfigurationen des Alten Testaments unter Tabernakeln lediglich die Standfiguren von zwölf Propheten, gerahmt von einem umlaufenden Schriftband mit den jeweils zugehörigen Textverweisen und Weissagungen.
In der untersten Fensterzone, abgetrennt durch ein getrepptes Maßwerkband, erscheinen die Standfiguren der Hll. Jakobus und Elisabeth, flankiert von dem Wappen und dem Stifterbild des knienden Ritters Götz Lesch von Endsee († zwischen 1348 und 1354). Wiederholt geäußerte Zweifel an der Ursprünglichkeit dieser ungewöhnlichen Stifterzone lassen sich weder formal noch inhaltlich stützen. Der christologische Themenkreis weist nirgendwo eine Lücke auf, und für eine nachträgliche Verlängerung des Fensters nach unten – wie gefolgert worden ist – gibt es keinerlei Befund. Auch die umlaufende Inschrift wird durch die eingeschobenen Evangelistensymbole in den Feldern 2b und 2c keineswegs verstümmelt, sondern sie beginnt tatsächlich unten im Feld 2a am rechten Rand und endet wiederum unten im Feld 2d. Bedenkt man außerdem, dass der Platz am Fuß des Achsenfensters nicht beliebigen Heiligen, sondern den beiden Patronen des Deutschen Ordens, Jakobus und Elisabeth, Ersterer zugleich Patron der Kirche, vorbehalten ist, dann scheint die vorliegende Lösung von Anfang an ganz bewusst dazu genutzt worden zu sein, um Stifterbild und Standfiguren von der geschlossenen Thematik der übrigen Fensterfläche abzugrenzen.
Nürnberg oder Regensburg, um 1350.
Einzelscheiben und Scheibengruppen:
1a: Stifterbild Ritter Götz Lesch von Endsee
1b: Hl. Jakobus mit knienden Pilgern
1c: Hl. Elisabeth von Thüringen mit kniendem Stifter (Deutschordensritter?)
2/3a: Prophet Micha in Architekturtabernakel
2b: Evangelistensymbole: Johannes und Lukas
2c: Evangelistensymbole: Matthäus und Markus
3b/c: Verkündigung an Maria (Engel der Verkündigung / Maria der Verkündigung)
2/3d: Prophet Isaias in Architekturtabernakel
4/5a: Prophet Daniel in Architekturtabernakel
4b: Heimsuchung (Maria und Elisabeth)
4c: Verkündigung an die Hirten
4/5d: Prophet Habakuk in Architekturtabernakel
6/7a: Prophet Sophonias in Architekturtabernakel
6b/c: Anbetung der Könige (Zwei Könige der Anbetung / Anbetung der Könige)
6/7d: Prophet Balaam in Architekturtabernakel
8/9a: Prophet Moses in Architekturtabernakel
9b: Judaskuss und Gefangennahme Christi
9c: Christus vor Pilatus (oder Herodes)
8/9d: Prophet Abdias in Architekturtabernakel
10/11d: Prophet Zacharias in Architekturtabernakel
13c: Christus im Limbus (Höllenfahrt Christi)