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Chor, Fenster I (Ratsfenster), Auferstehung Christi (I, 7–9a–c )

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Erhaltungsschema

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Beschreibung

Die Szene gibt den von keinem Zeugen gesehenen Moment der Auferstehung wieder, wie seit dem 11. Jahrhundert üblich als Aufstieg Christi aus dem offenen Grab (Sarkophag), umgeben von schlafenden oder – in spätmittelalterlicher Wendung – erschrocken aufblickenden Grabwächtern. Der auf der diagonal fortgeschobenen Grabplatte stehende Engel ist auf Matthäus 28,1ff. zu beziehen; er war es, der dem Evangelientext zufolge den Frauen das verschlossene Grab öffnete und von der bereits vollzogenen Auferstehung kündete.

In der Komposition ganz offensichtlich dem Schongauer-Stich L. 30 verpflichtet, vermied der Entwerfer des Ratsfensters jede exakte Kopie. Dem Vorbild am nächsten stehen noch der Auferstandene selbst, Form und Stellung des Sarkophags und der fast verdeckte, mit der Stachelkeule bewaffnete Wächter dahinter. Der zuvorderst ausgestreckte, schlafende Wächter dagegen wurde dem Stich der Auferstehung Christi des Meisters E.S. entlehnt (L. 47). Die Marmorierung des Sarkophags und der in schlanker Ganzfigur auf der quer liegenden Grabplatte stehende Engel im Fenster deuten auf ein weiteres Vorbild im Umkreis des Niederländers Dieric Bouts, das auch bereits als potentielle Quelle Schongauers diskutiert wurde. Auch der im Vordergrund ausgestreckt liegende Soldat kehrt bei Bouts in mehreren Fassungen des Themas sehr ähnlich wieder. Ein Vergleich mit der Auferstehungsszene im Ulmer Rundscheibenzyklus (Berlin, Kunstgewerbemuseum, Inv. Nr. AE 568) wird dadurch eingeschränkt, dass dort die Hauptfigur des Auferstandenen nicht mehr erhalten ist. Doch so viel wird immerhin deutlich: Die Gesamtanordnung steht vermittelnd zwischen Stich und Ratsfenster, wobei der Engel mehr an den Stich angelehnt ist, die Wächter mehr dem Chorfenster entsprechen. Die Möglichkeit, dass Stecher und Glasmaler aus einer gemeinsamen, heute verlorenen Bildquelle geschöpft haben, ist sowohl angesichts der erwogenen niederländischen Einflüsse als auch der gegensinnigen Kompositionen keineswegs auszuschließen.

Eine modifizierte, 1481 datierte Zweitausführung derselben Kartons in reduzierten Scheibenmaßen befand sich im Achsenfenster der Straßburger Magdalenenkirche. Zur Ehre der Titelheiligen war dort in der rechten Lanzette die Begegnung Magdalenas mit dem Auferstandenen hinzugefügt worden und die ursprünglich für diese Stelle vorgesehenen Wächter aus Ulm in die linke Bahn versetzt, der untere sinnvollerweise gekontert1.

Zugehörige Aufnahmen im Bildarchiv

  1. Frankl 1956, Abb. 150.»