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Chor, Fenster n III (Johannesfenster), Gesamtansicht

Gesamtansicht

                                                                     

Erhaltungsschema

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Beschreibung

Stifter unbekannt. Ausführung um 1410/15 durch die gleiche, ursprünglich aus Nürnberg stammende Glasmalerwerkstatt, die zuvor das Annen-Marien-Fenster s II geschaffen hatte.

Das Bildprogramm des von oben nach unten zu lesenden Fensters ist zentralen Szenen aus dem Leben der beiden Johannes gewidmet. Die obere Fensterhälfte mit der Geschichte Johannes’ des Täufers folgt den Berichten der drei synoptischen Evangelien (vor allem Markus 1,9–11, 6,18 und 6,21–29) und zeigt die Taufe Christi, die Predigt in der Wüste, das Gastmahl des Herodes sowie die Enthauptung und Beisetzung des Heiligen. Unterhalb der Maßwerkbrücke beginnt die Geschichte Johannes’ des Evangelisten, für die neben der Geheimen Offenbarung des Johannes (Apokalypse) 12,1ff. auf verschiedene apokryphe Quellen zurückgegriffen wurde, die nur zum Teil in die Legenda aurea eingeflossen sind. Das Gros der Geschichte – die Gefangennahme des Evangelisten, die so gut wie nie dargestellte Geißelung, die Ölmarter vor der Porta Latina in Rom, das Exil und die Auferweckung der Drusiana nach der Rückkehr von Patmos – geht insgesamt auf eine lateinische Fassung der Passio Iohannis des Pseudo-Melitus aus dem 9. Jahrhundert zurück, die im späten 15. Jahrhundert erstmals auch in gedruckter Form überliefert war; dagegen kann die Giftprobe vor Kaiser Domitian nur den jüngeren, sogenannten „Akten des Johannes in Rom“ entnommen worden sein1. Wie im Annen-Marien-Fenster beleben Propheten und Engel die Obergeschosse der architektonischen Rahmung.

Die beiden unteren Zeilen des Fensters mit der Weihe Johannes’ des Evangelisten zum Bischof von Ephesus und den flankierenden Stifterfiguren mit den Wappen Ulm und Württemberg (1/2a–d) sowie die Felder 6a, 7d, 9d, 10a, 12d und 13d sind Neuschöpfungen der Kgl. Bayerischen Hofglasmalerei Zettler, München, von 1917. Die Kopfscheiben und die Maßwerkverglasung mit der Darstellung zweier Propheten mit Spruchbändern waren im Zweiten Weltkrieg am Ort belassen worden und fielen im Dezember 1944 einem Bombentreffer zum Opfer. Die Rekonstruktion anhand älterer, 1930 im Auftrag des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft angefertigter Aufnahmen erfolgte vor dem Wiedereinbau der Chorfenster 1950 in der Werkstatt Derix, Rottweil, nach einem Entwurf von Rudolf Yelin.

Scheibengruppen:

13/14a–c und 14d: Architekturbekrönung mit Gottvater und Engeln

11/12a/b: Taufe Christi

11/12c und 11d: Predigt Johannes’ des Täufers

10b–d: Architekturprospekt mit Propheten

8/9a/b: Gastmahl des Herodes und Enthauptung Johannes’ des Täufers

8/9c und 8d: Beisetzung des Leichnams Johannes’ des Täufers durch die Jünger

7a–c: Architekturprospekt mit Propheten

5a: Gefangennahme Johannes’ des Evangelisten

5/6b/c: Giftprobe Johannes’ des Evangelisten vor Kaiser Domitian

5/6d: Geißelung Johannes’ des Evangelisten

3/4a: Marter Johannes’ des Evangelisten in siedendem Öl

3/4b: Hl. Johannes auf Patmos

3/4c/d: Auferweckung der Drusiana

  1. Acta Iohannis, hrsg. von Eric Junod und Jean-Daniel Kaestli (Corpus Christianorum. Series apocryphorum 1 und 2), 2 Bde., Turnhout 1983.»