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Neithart-Kapelle, Fenster n III (Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen), Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen (n III)

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Beschreibung

Die Legende vom Drachenkampf des Hl. Georg, die erstmals im 12. Jahrhundert in einer Sammlung lateinischer Heiligenviten greifbar wird und offenbar von den Kreuzfahrern im Abendland heimisch gemacht wurde, erlangte über die Legenda aurea eine so weite Verbreitung, dass sie im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts zur populärsten bildlichen Darstellung des Heiligen avancierte1. Georg, Ritter aus kappadokischem Geschlecht, befreite die Stadt Silena in Lybia von der Geißel eines giftigen Drachen, dem täglich ein Mensch und ein Schaf geopfert werden mussten; er überwand den Drachen und rettete die Tochter des Königs2.

Die Darstellung setzt, ebenso wie mehrere andere verwandte, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Südwestdeutschland entstandene Wiedergaben des Drachenkampfs mit dem sich aufbäumenden Pferd inmitten einer weiten Fels- und Seelandschaft mit Burg und Stadtkulisse, die Kenntnis franko-flämischer Vorbilder der Tafel- und Buchmalerei voraus. Zu verweisen ist einmal auf das frühe Beispiel im Stundenbuch des Maréchal de Boucicaut, um 1408–1410 (Paris, Musée Jaquemart-André, ms. 2, fol. 23v)3; im Hinblick auf die detaillierte Landschaftsschilderung müssen aber auch fortgeschrittenere Fassungen nach Art der kleinen Georgstafel Rogier van der Weydens (Washington, National Gallery of Art, Inv. Nr. 1966.1.1) eine Rolle gespielt haben. Eine gegensinnige, im Übrigen aber nahezu wörtliche Wiederholung der Ulmer Scheibe ist in einer ehemals in der Alpenländischen Galerie in Kempten ausgestellten, 2015 nach München zurückgekehrten Tafel erhalten (München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv. Nr. MA 2818)4. Stilistisch am nächsten verwandt sind die Passionsscheiben im Westfenster des Münsters (w XIX, 2a–c und 2e–h).

Ulm, um 1440.

Zugehörige Aufnahmen im Bildarchiv

  1. Klaus J. Dorsch, Georgszyklen des Mittelalters (Europäische Hochschulschriften XXVIII/28), Frankfurt/Bern/New York 1983, S. 18–24.»
  2. Jacobus de Voragine, Legenda aurea / Goldene Legende. Einleitung, Edition, Übersetzung und Kommentar von Bruno W. Häuptli, 2 Bde., Freiburg/Basel/Wien 2014, I, S. 813, 815.»
  3. Millard Meiss, French Painting in the Time of Jean de Berry. The Boucicaut Master, London/New York 1968, Fig. 10.»
  4. Hans P. Hilger, Alpenländische Galerie Kempten. Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, München. Katalog, München 1991, Abb. S. 27.»