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Langhaus, Fenster N II (Fenster der Schneider und Tuchscherer), Gesamtansicht

Gesamtansicht

         

Erhaltungsschema

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Beschreibung

Das Fenster der Zunft der Schneider und Tuchscherer ist schon bei Elias Frick (1673–1751) an seiner gegenwärtigen Position im zweiten Fenster der Obergaden-Nordseite überliefert1. Durch die Wappen der Schneider (in Rot eine hellblaue Schere) und der Tuchscherer (in Rot eine graublaue Tuchschere), die die fünf Bahnen und fünf Zeilen füllende Figur des Engels präsentiert, ist es als Stiftung dieser Zunft ausgewiesen.

Fensterfüllende figürliche Kompositionen von mehreren Bahnen Breite und mehreren Zeilen Höhe inmitten einer Blankverglasung waren in Ulm spätestens seit Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt: Sowohl der große Kalvarienberg (ehemals Chor n IV) als auch die Pietà unter dem leeren Kreuz (ehemals Chor n V) aus den Werkstätten Acker (und Deckinger?) von 1449, die der Münsterpfarrer Elias Frick noch im frühen 18. Jahrhundert beschrieben hat2, müssen entsprechend aufgebaut gewesen sein, wenngleich sie die Maße des Wappenengels mit einer Größe von fast fünf Metern kaum erreicht haben dürften. Noch gewaltigere Dimensionen dürfte indes die monumentale Gestalt des Hl. Martin zu Pferd mit dem Bettler im großen Turmfenster besessen haben, die durch Hagelschlag 1644 (oder 1688?) vernichtet wurde3.

Die hartbrüchige, kristalline Faltengebung der Ärmel und die langen, vom Gürtel parallel herabgeführten Faltenschläuche der Albe besitzen in den Tafelbildern des Sterzinger Meisters um 1460 wohl ihre direkten stilistischen Voraussetzungen. Die bemerkenswert feine Binnenzeichnung, die mit nadeldünnen Kreuzschraffen die Mulden und Stege der plastischen Gewandformen umschreibt, offenbart ohne jeden Zweifel dieselbe Handschrift wie das nebenstehende Fenster N III der Zimmerleute. Die Tatsache, dass Hochschiffwände, Fensterarchitektur und Einwölbung des Mittelschiffs 1469–1471 durch Moritz Ensinger abgeschlossen wurden, legen eine Datierung des Fensters um 1471 nahe. Auch das Weltgerichtsfresko am Chorgiebel trägt dieses Datum.

Scheibengruppe:

1/2b–d, 3/4a–e und 5d: Engel mit Wappen der Schneider und Tuchscherer

  1. Frick 1731, S. 20.»
  2. Frick 1731, S. 21.»
  3. Frick 1731, S. 20.»