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Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland, Studien Bd. I

Entwurf und Ausführung. Werkstattpraxis in der Nürnberger Glasmalerei der Dürerzeit

von Hartmut Scholz

Berlin 1991 (Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft)
360 S. mit 438 Abb. und 4 Farbtafeln

Am Beispiel des Großunternehmens des Nürnberger Stadtglasers Veit Hirsvogel d. Ä., das die Nürnberger Glasmalerei über 30 Jahre (1495-1525) hinweg beinahe monopolistisch bestimmte, und dessen wechselnder Zusammenarbeit mit den führenden Künstlern am Ort (Michael Wolgemut, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Hans von Kulmbach, Hans Schäufelein, Wolf Traut, Hans Springinklee, den Gebrüdern Beham u.a.) werden die besonderen Formen der Kooperation von Maler- und Glasmalerwerkstatt, Art und Umfang der Beteiligung des Entwerfers sowie werkstattinterne Verfahrensweisen bei der Herstellung von Glasgemälden untersucht.

Am Anfang steht die auf schriftliche Quellen gegründete Auseinandersetzung mit den spezifischen Voraussetzungen und Bedingungen spätmittelalterlichen Kunstschaffens. Der objektbezogene Hauptteil ist einer getrennten Analyse von Fremdbestimmung und Eigenständigkeit im Zusammenwirken der verschiedenen künstlerischen Kräfte gewidmet: Der wechselnde, jeweils aufs Neue ausgeübte Einfluß der verschiedenen für die Verglasungsaufträge herangezogenen Entwerfer auf die Formensprache und Zeichenweise der Glasmaler ist deutlich nachvollziehbar und offenbart zugleich den maßgeblichen Anteil einzelner Meister an der Überwindung älterer Stilformeln und der schrittweisen Ausbildung einer wiederum für längere Zeit verbindlichen einheitlichen Werkstattrichtung.

Die vollständige Sichtung der erhaltenen Bestände Nürnberger Provenienz ergibt außerdem, daß der größere Anteil der Scheiben gar nicht auf eigens für den jeweiligen Fall angefertigte Entwürfe zurückgeht, sondern von den Glasmalern nach bereits benutzten Vorlagen bzw. Kartons selbständig ausgeführt wurde, ohne daß nochmals ein Entwerfer bemüht werden mußte. Dieser Rückgriff auf die traditionellen Arbeitsgewohnheiten des Mittelalters bildet das Kernstück der Untersuchung. Die Glasmaler verfügten nach wie vor über ein umfassendes Repertoire, in das selbstverständlich jeder neue Entwurf einging und das gegebenenfalls mehr oder weniger abgewandelt (bis hin zur Serienproduktion) wiederholt Verwendung fand.

Rezensionen

Emil MAURER, in: Neue Zürcher Zeitung Nr. 194 vom 22./23. August 1992, S. 23
Julia FRITSCH/Michel HEROLD; in: Bulletin monumental 151, 1993, S. 631-635
Peter STRIEDER, in: Kunstchronik 46, 1993, S. 732-736, 741
Jean Michel MASING, in: Speculum 69, 1994, S. 884f.
Eduard ISPHORDING in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 130, 1994, S. 287f.
Matthias MENDE, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 84, 1997, S. 256-259